Gremien der SED für die Westarbeit
Von Ute Räuber, Bundesarchiv Berlin
Für die unmittelbare Arbeit nach Westdeutschland existierten im ZK-Apparat im
wesentlichen folgende vier Gremien: die Westabteilung beim Sekretariat des ZK, die Westkommission beim PB, das Arbeitsbüro der
KPD im ZK und die Abteilung Verkehr des ZK der SED. Sie bestanden zeitweise nebeneinander und wurden insbesondere in den 50er
und 60er Jahren innerhalb kurzer Zeit mehrmals aufgelöst, umbenannt oder neu gebildet. Es kam zwischen ihnen gelegentlich
zu Kompetenzstreitigkeiten und Kontroversen, da die Zuständigkeiten nicht immer eindeutig festgelegt waren.
Die Westabteilung (später auch: Abteilung für Gesamtdeutsche Fragen, Abteilung für Westdeutschland, Abteilung gesamtdeutsche Arbeit),
die auf Beschluss des ZS am 31.08.1948 geschaffen wurde, existierte vorerst bis zur Bildung der Westkommission im Febr. 1949.
Die Westkommission (später auch: Kommission für die Arbeit nach Westdeutschland, Kommission für Westdeutschland,
Kommission für gesamtdeutsche Arbeit, Zentrale gesamtdeutsche Kommission beim PB) übernahm deren Aufgaben und war bis
1965 nach dem PB und dem Sekretariat das ranghöchste verantwortliche Gremium für die Westarbeit im ZK. Sie existierte
nicht durchgehend.
Bereits im Jan. 1951 erfolgten Umstrukturierungen, ein Arbeitsbüro der KPD (kurzzeitig Büro für
gesamtdeutsche Fragen) wurde zeitweise an ihrer Stelle gebildet. Dieses existierte bis 1971 und war v. a. für die
direkte Anleitung der legalen bzw. illegalen KPD und der DKP zuständig.
Am 11.11.1952 wurde auf Beschluss des PB die
Kommission für die Arbeit nach Westdeutschland eingesetzt, aber bereits im Aug. 1953 wieder aufgelöst. Ihre Aufgaben
übernahm der "Ausschuß für Deutsche Einheit". 1956 erfolgte erneut die Bildung einer Kommission für Westdeutschland,
die 1959 reorganisiert wurde und im Okt. 1961 den Namen Kommission für Arbeit nach Westdeutschland erhielt. Ihr unterstand
die Abteilung für Westdeutschland, die während der 50er und 60er Jahre ebenfalls, wenn auch nicht durchgehend, existierte.
Deren Leiter Paul Verner war gleichzeitig Sekretär der Westkommission.
Im Juni 1965 musste die Westkommission alle
Leitungs- und Weisungsbefugnisse an die Westabteilung abgeben und bestand nur noch als beratendes Organ. Die von ihr bis
dahin wahrgenommenen Kontroll- oder Koordinationsfunktionen für die Arbeit nach Westdeutschland wurden der Westabteilung
übertragen. Dazu zählten, die Vorstände der KPD/DKP und der SEW anzuleiten und zu kontrollieren (insbesondere seit
Auflösung des Arbeitsbüros 1971), Informationen über Parteien und Organisationen sowie über die politische und
wirtschaftliche Entwicklung in der BRD zu sammeln und auszuwerten, die politischen Ansichten der SED in der BRD zu
verbreiten, Aktionen gegen die herrschenden Kräfte in der BRD zu unterstützen und die gesamte Westarbeit der Blockparteien
und Massenorganisationen der DDR zu koordinieren und zu kontrollieren.
Im Mai 1984 erhielt die Westabteilung den Namen
"Abteilung für Internationale Politik und Wirtschaft des ZK".
Leiter der Westabteilung waren Alfred Zeidler (1948-1949), Paul Verner
(1953-1958), Arne Rehan (1959-1963), Heinz Geggel (1963-1973), Herbert Häber (1973-1985) und Gunter Rettner (1985-1989).
Die Westkommission leiteten u. a. Karl Schirdewan/Erich Glückauf (1949-1951), Hermann Matern (1952-1958, mit Unterbrechungen),
Albert Norden (1959-1970).
Neben den genannten Gremien existierte außerdem die Abteilung Verkehr, die von Sept. bis Dez. 1948 die
Bezeichnung Abteilung Stahlmann trug und in den ersten Jahren eher geheimdienstliche, konspirative Aufgaben zu erfüllen hatte.
Richard Stahlmann (1949-1952), Hans Rosenberg (1952-1954), Adolf Baier (1954-1965), Josef Steidl (1966-1985), Julius Cebulla
(1985-1989) und Gunter Rettner (kurzzeitig ab 29.11.1989) leiteten sie. Seit 1971 war Erich Honecker für diese Abteilung
zuständig. Sie war v. a. verantwortlich für die finanzielle Unterstützung (Bereitstellung materieller Mittel, insbesondere
für die Arbeit der KPD/DKP und SEW) und die Betreuung der kommunistischen und sozialistischen Parteien kapitalistischer
Länder (Organisation der Delegations- und Urlaubsaufenthalte, der medizinischen Betreuung, Schulungen, Beratungen und
Konsultationen mit Fachabteilungen im ZK) sowie für die Aufrechterhaltung einer ständigen Verbindung zwischen den
Parteivorständen der KPD/DKP und der SEW zum ZK der SED (Kurierdienst). Sie führte ein eigenes Archiv. Unterlagen dieser
Abt. sind nicht überliefert, sondern liegen nur vereinzelt im Schriftgut anderer Abteilungen und Büros des ZK vor.
Für die
Arbeit nach Westdeutschland waren die verantwortlichen Sekretäre Franz Dahlem (1948-1952), Walter Ulbricht (1952-1953),
Karl Schirdewan (1953-1958), Hermann Matern, Albert Norden (1960-1979), Paul Verner (1979-1984), Herbert Häber (1984-1985)
und Hermann Axen (1986-1989).